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Jean Marie Leclair (1697-1764) Ein Portrait in drei Teilen

Die drei Veranstaltungen von je etwa einer Stunde Dauer vermitteln einen Einblick in die Vielfalt von Leclairs Meisterschaft. Jedes Konzert ist einem Aspekt seines Schaffens gewidmet und endet mit einem Violinkonzert.

1. Konzert:

Sonntag den 21. August, 18.00 Uhr

 

Programm:

– Orchestersuite aus der Oper “Scylla & Glaucus”

– Deuxième Récréation de Musique op. 8

– Violinkonzert op. 7 Nr. 6

 

Mitwirkende:

Javier Aguilar: Violine 

Waltraut Elvers: Violine & Viola 

Christian Rohte: Viola

Jochen Schneider: Fagott

Kathrin Sutor: Cello

Mirjam Wittulski: Kontrabass

Peter Uehling: Cembalo

Christoph Timpe: Violine und Leitung

 

Weitere Konzerte:

Sonntag den 11. September, 18.00 Uhr

Sonntag den 9. Oktober, 18.00 Uhr

 

Emmaus-Kirche

ehem. Ernst-Moritz-Arndt-Kirche

Onkel-Tom-Straße 80 

14169 Berlin-Zehlendorf

Wie eine zerklüftete Landschaft türmen sich die Noten der Solo-Stimme. Bizzarre Formationen, Geröll, schroffe Spitzen summieren sich zu einer abstrakten Grafik, und der Geiger stutzt: Wie soll das gehen? 

Jean Marie Leclair war der erste Violin-Virtuose Frankreichs. Sein Umgang mit dem Instrument ist gegenüber dem seiner Landsleute ganz neuartig, persönlich und originell. Er erfindet zahllose Figuren, die auf der Geige wie angegossen sitzen und das Instrument immer neu in Szene setzen, so geschickt ausgeklügelt, dass sich das Noten-Wirrwarr bald zu geigerisch sinn-  und musikalisch wirkungsvollen Passagen ordnet. Anders als manchmal bei seinem Kollegen Pietro Locatelli gerät Leclairs Virtuosität dabei nie zum artistischen Selbstzweck.

Denn Leclair war auch als Komponist außergewöhnlich. Wie ein Italiener reiht er thematische Ideen aneinander, relativiert soeben Erklungenes, macht Einschübe und Einwände, bis der Hörer fast den Faden verliert. Doch wie in einer komplizierten Algebra werden dann die Terme gegeneinander aufgerechnet, bis schließlich die ganze Beweisführung nachvollziehbar wird. Wie ein Franzose und ähnlich wie Jean Philipp Rameau vermag er, diesen tänzerischen Schwebezustand zu erzeugen, in dem Schwerkraft und Zeit und Raum aufeinander projiziert sind und die ganze artifiziell verschraubte höfische Affektiertheit auf einmal wie selbstverständlich, natürlich, ja notwendig erscheint. Leclair gelingt etwas, woran sich so mancher Komponist seiner Epoche in Frankreich und namentlich in Deutschland versucht hat: das vorwärtsdrängende, hitzige Italienische mit dem in sich ruhenden, coolen Französischen zu einer neuen Legierung zu gießen.

Christoph Timpe
www.christophtimpe.com